NGT CARGO-Triebwagenzug
Quelle: DLR
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Verkehrsforscher des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) haben mit dem Triebwagenzug NGT CARGO ein innovatives und
ganzheitliches Konzept entwickelt. Ziel des Konzepts ist es, die Attraktivität
und damit den Anteil der Schiene am europäischen Güterverkehr deutlich zu
steigern. Es zeichnet sich durch einen hohen Automatisierungsgrad, eine
intelligente Abfertigung und höhere Geschwindigkeiten aus. So kann der
Schienengüterverkehr flexibler gestaltet und die Kapazitäten des Systems erhöht
werden.
Der Anteil des Schienengüterverkehrs am Gesamttransportaufkommen
steigt nicht. Die politisch gewollte Verlagerung des Güterverkehrs von der
Straße auf die Schienen findet nicht statt. Gleichzeitig wird der Güterverkehr
in Zukunft weiter wachsen. Für Deutschland rechnet man bis zum Jahr 2030 mit
einem Anstieg um fast vierzig Prozent. „Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir
innovative Logistik-, Produktions- und Fahrzeugkonzepte wie den NGT CARGO
entwickeln, um die gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Vorteile
des Schienengüterverkehrs zu erschließen“, erklärt DLR-Forscher Dr. Joachim
Winter, der das Projekt Next Generation Train (NGT) leitet.
Güterzug à la carte: Flexibler, schneller, effizienter
Die automatisch fahrenden NGT CARGO-Züge werden je nach
Bedarf aus Einzelwagen und leistungsstarken Triebköpfen zusammengestellt und
automatisch gekuppelt. „So können wir unterschiedlichste Güter flexibel,
ressourcenschonend, mit geringem personellen Aufwand und kurzen Transportzeiten
befördern“, fasst Joachim Winter die zentralen Vorteile des Zugkonzepts
zusammen. Da in Zukunft vor allem der Transport von kleinteiligen Sendungen
stark zunehmen wird, liegt der Fokus der DLR-Wissenschaftler auf einem
schnellen, verläßlichen Güterverkehr.
„Ganzzüge, die nicht rangiert werden und mit ganz vielen
Wagen eine große, einheitliche Frachtmenge von Punkt A nach Punkt B bringen,
beherrschen aktuell den Güterverkehr“, fasst Winter zusammen. Denn bisher steht
hinter dem Einzelwagenverkehr ein sehr aufwändiger Prozess mit starren
Betriebsabläufen: Das Zusammenstellen und Trennen von Wagen, deren Abholung und
Zustellung sind sehr ressourcen- und zeitintensiv und verursachen rund 30 bis
40 Prozent der Gesamtkosten. Eine Vielzahl manueller Kupplungsvorgänge führt zu
langen Stillstandszeiten der einzelnen Wagen und einer durchschnittlichen
Systemgeschwindigkeit von nur 18 Stundenkilometern im Einzelwagenverkehr. Rund
fünf Tage Vorlaufzeit sind notwendig, um Personal, Material und Trassen zur
Verfügung zu stellen.
Um den Einzelwagenverkehr fit für die Zukunft zu machen,
verfügen die intelligenten Güterwagen im NGT CARGO-Konzept über einen eigenen
Antrieb, der auf Elektromotoren basiert und über eine Batterie, welche die beim
Bremsen zurückgewonnene Energie speichert. Dadurch können die Einzelwagen
selbstständig rangieren, Rangierpersonal und Rangierloks oder Oberleitungen
entfallen. Außerdem können die Einzelwagen automatisch und autonom die letzten
Kilometer zum jeweiligen Kunden fahren. Dazu ist jeder Einzelwagen mit der
entsprechender Sensorik ausgestattet. Er kann so zum Beispiel auch jederzeit
lokalisiert werden und die Kunden können exakte Angaben zum aktuellen Status
und der erwarteten Ankunftszeit ihrer Fracht erhalten. Die Wagen können auch
direkt in Häfen, Umschlagsbahnhöfe oder Logistikterminals hineinfahren bis hin
zu den Hochregalen, wo sie dann ebenfalls automatisiert be- oder entladen
werden.
Hohe Geschwindigkeit und optimale Streckennutzung
Für den Betrieb im Hochgeschwindigkeitsbereich bilden die
NGT CARGO-Einzelwagen einen Verband und werden mit ein bis zwei Triebköpfen zu
einem vollständigen Triebwagenzug zusammengestellt. Die Triebköpfe sorgen für
den notwendigen Antrieb: bei entsprechender Infrastruktur sind bis zu 400
Stundenkilometer denkbar, auf bestehenden Strecken Geschwindigkeiten von bis zu
160 oder 200 Stundenkilometern. „Ein interessanter Anwendungsfall für den NGT
CARGO wäre der Einsatz im interkontinentalen Güterverkehr zwischen Europa und
Asien als Alternative zum Transport mittels Containerschiffen, die lange
Seewege haben und mit riesigen Seecontainern beim Frachtvolumen wenig flexibel
sind“, veranschaulicht Winter.
Mehrere Triebwagenzüge lassen sich während der Fahrt
virtuell zusammenstellen (sogenanntes dynamisches Flügeln). Sie bilden dabei
einen Zugverband, sind aber nicht mit einer materiellen Kupplung verbunden.
Auch eine Kombination mit dem Hochgeschwindigkeitspersonenzug NGT HST ist
möglich. Auf diese Weise wollen die DLR-Forscher den Personen- und Güterverkehr bündeln, um vorhandene Streckenkapazitäten
optimal zu nutzen.
Nach der Vorstellung des grundlegenden Konzepts für den
NGT CARGO machen sich die DLR-Wissenschaftler nun daran, ein detailliertes
Logistik- und Betriebskonzept zu erarbeiten, Terminals und Entladestellen zu
designen sowie an der Fahrzeugarchitektur und dem Antriebskonzept weiter zu
arbeiten. Im Gegensatz zum aktuell fahrenden Wagenmaterial, werden die Wagen
des NGT CARGO geschlossen und aerodynamisch verkleidet sein. Die Lücken
zwischen den einzelnen Wagen entfallen, was den Fahrwiderstand verringert und
so für weniger Lärm sorgt.
Das DLR-Projekt Next Generation Train (NGT)
Seit rund zehn Jahren untersucht und entwickelt die
DLR-Verkehrsforschung im Projekt Next Generation Train (NGT) zukunftsweisende
Zugkonzepte. Hauptziele dabei sind, die Reise- und Transportzeiten zu
verkürzen, Energie zu sparen und Lärmemissionen zu senken, den Komfort für
Passagiere zu steigern, die Fahrsicherheit zu verbessern und die
Lebenszykluskosten des rollenden Materials zu verringern. Zur NGT-Zugfamilie
gehören neben dem NGT CARGO der Hochgeschwindigkeitstriebwagenzug NGT HST, der
auf geeigneten Zugtrassen eine Geschwindigkeit von bis zu 400 Stundenkilometern
erreichen kann sowie der NGT LINK, ein bis zu 230 Stundenkilometer schneller
Intercity-Triebwagenzug, der Fahrgäste aus dem Umland an die Knotenbahnhöfe der
Hochgeschwindigkeitsstrecken bringen soll.
Kontakte:
Denise Nüssle
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation Stuttgart
Tel.: +49 711 6862-8086
Fax: +49 711 6862-636
Dr.-Ing. Joachim Winter
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut
für Fahrzeugkonzepte
Tel.: +49 711 6862-274
Fax: +49 711 6862-258